LITTLE BOY
Der Tag an dem aus der Stadt Hiroshima „das Hiroshima“ wurde.
Multimediales Theater nach einem Text von Hisashi Inoue
Hiroshima steht als Sinnbild für die Schrecken des modernen Krieges. Aber wie nähert man sich einem so dunklen Kapitel Geschichte? Was wissen wir außer den distanzierten Fakten der Geschichtsschreibung? Ein heller Blitz, dann war alles weg – Bilder einer entvölkerten Wüste, Schatten der ehemaligen Einwohner an Betonwänden, Dann kommen schon Überlegungen zur strategischen Bedeutung des Atombombeneinsatzes, die Namen der damaligen führenden Politiker – Truman, Churchill, Stalin, der Kaiser von Japan und seine faschistische politische und militärische Umgebung. Heute heißen sie Assad, Obama, Putin.
Natürlich die Anzahl der Toten – sechsstellige Zahlen!
Aber wer war denn das und wer ist das heute in Syrien und Afganistan? Und was ist den anderen widerfahren, den Überlebenden?
Was Phantasie sich nicht vorstellen will, wird in der künstlerischen Bearbeitung erfahrbar: ‘Little Boy – Big Taifoon’ nimmt uns mit nach Hiroshima, mitten ins Leben der Menschen dort, nähert sich dem Schrecken mit einfachen, fast graphischen Bildern. Aus der sehr reduzierten und doch sprachgewaltigen Textvorlage des japanischen Pazifisten Inoue entwickeln die Performer eine berührende Erzählung um drei Jungen, die den Atombombenabwurf über Hiroshima überleben. Die Geschichte wird aus der Sicht der drei Sechstklässler erzählt. Durch die Atombombe blitzartig aus ihrer Wirklichkeit heraus katapultiert, gehen die Jungen als zarte Pappfiguren in der schwarzweißen Bühnenwelt aus Stahl und Papier ihren Weg, dünnhäutig und ausdrucksstark.
Klavier, Geige und Stahl-Cello malen die unwirklichen Situationen mit Klangbildern aus und geben sprachlosen Situationen eine Stimme. Achim Oerter und Johannes Ammon bleiben dabei mit ihren Improvisationen konsequent dem Augenblick der Aufführung verschrieben: die Musiker liefern kein begleitendes Beiwerk sondern stehen als gleichberechtigte Akteure in intensiver Kommunikation mit den Performern und Medien.
Die multimediale Arbeitsweise lässt bestechende Bilder entstehen: Videoprojektionen auf dem Bühnenboden schaffen mal eine 4. Dimension mal Fata Morgana.
Die künstlerische Abstraktion erlaubt es dem Zuschauer, dem Geschehen so viel Platz in seiner Vorstellung zu geben, wie er selbst ihm einräumen mag.
Das entstehende Gesamtkunstwerk öffnet ein Fenster für den Blick auf das Tabu-Thema „Hiroshima“ der nachdenklich und neugierig zugleich macht.
Klavier trifft Stahl-Cello – Schauspiel tanzt Text.
Figuren projizieren Bilder auf Leib und Seele.
- Musik: Johannes Ammon und Achim Oerter
- Schauspiel: Gero Wachholz Lennart Müller Hauke Stichling- Pehlke
- Regie und Video: Ursula Pehlke
- Licht: Peter Gwodz
- Eine Produktion der Freien Bühne Wendland
- Fotos: Marion Kollenrott
Das ungewöhnliche Projekt wurde gefördert durch das Niedersächsische Ministerium für Wissenschaft und Kultur, die Stiftung Niedersachsen, den lüneburgischen Landschaftsverband, den Landkreis Lüchow Dannenberg und realisiert in Zusammenarbeit mit der Stiftung Leben und Umwelt.
Fotos: Marion Kollenrott